Autorenzeitung |
||
Online-ZeitungSonderausgabe # 0 |
Autoren- und Künstlerzeitung |
12.01.2014 |
Der letzte Auftritt
Der Clown betritt gleich die Manege, nicht weil er Spaß daran hat sondern nur weil seine Nummer jetzt im Programm steht. Wie gerne wäre er woanders, egal wo, nur weit weg, dort wo es kein Publikum gibt, niemand der lacht wenn er auftritt. Er wollte schon immer die Menschen unterhalten, doch ein Clown wollte er nie sein. Die Conference ist zu Ende, die Musik spielt überlaut das penetrante Lied das lustig klingen soll um ihn in die Manege zu geleiten.
So geht er los, Schritt für Schritt in den Sand der runden Fläche die von Strohballen umgrenzt wird. Er ist diese Schritte schon unzählige male gegangen und jedes mal und mit jedem Schritt vergrößert sich seine Pein, sein Schmerz der Herz und Geist schier zerreissen will.
Obwohl fast jeder weiß was kommt herrscht doch immer wieder gespannte Erwartung er das Rund betritt. Dann lachen alle wenn er, wie witzig, mit seinen viel zu großen Schuhen stolpert - ha ha ha, Applaus. Es folgt, super lustig, ein Wasserspritzer aus der bunten Plastikblume am breiten Revers der Jacke in das Auditorium - ha ha ha, Applaus. Und so geht der Auftritt weiter, Gag um Gag, Sekunde um Sekunde, ha ha ha, Applaus, Minute um Minute, ha ha ha, Applaus, trampelnde Füße. Immer wieder bis zum Ende, bis die Musik sich ändert und er endlich die Auftrittsfläche wieder verlassen darf.
Aber heute ist es anders, nicht nur für ihn, nein, auch für das Publikum. Die Kapelle, die sonst so unbeschwert die heitere Melodie darbietet scheint heute immer einen Zehntelton daneben zu liegen. Die fröhliche Traurigkeit des Spaßmachers ist furchteinflößend, die Luft ist mit Hochspannung geladen, die Menschen auf den Rängen verharren in atemloser Stille, gerade so als würde jeder Atemzug einen Orkan, jede Bewegung ein Erdbeben auslösen.
Unberührt, als wäre es so wie immer, beginnt der Clown mit seiner Nummer, wohl wissend, daß nicht so ist wie sonst. Er stolpert mit seinem übergroßen Schuhen, kein Lachen, kein Applaus, sein Blick verbietet es den Zuschauern und selbst die die er nicht ansieht spüren es. Der Wasserstrahl den er aus der bunten Plastikblume am breiten Revers seiner Jacke spritzt läßt das Publikum zurückzucken als wäre es ein brennender Säurestrahl, kein Lachen, kein Applaus, keine trampelnden Füße.
Fortsetzung in der nächsten Ausgabe
|